Mehrwegoffensive vs. Verpackungssteuer

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Wir haben uns als Fraktion zum jetzigen Zeitpunkt gegen die Einführung einer Verpackungssteuer ausgesprochen. Stattdessen teilen wir die Linie von Oberbürgermeister Martin Horn und der Stadtverwaltung, eine Mehrwegoffensive zu starten, bei der Bürger:innen und Betriebe mitgenommen werden.  

Unserer Meinung nach darf eine Steuer, für die am Ende die Freiburger Bürger:innen geradestehen müssen, nicht übereilt eingeführt werden. Es braucht zuerst praktikable Konzepte und funktionierende Alternativen, bevor Verbraucher:innen belastet werden.  

Aus Tübingen wissen wir, dass das Müllaufkommen nicht messbar zurück gegangen ist.  Vielmehr müssen wir uns auf subjektive Berichte verlassen, die weit auseinandergehen. Gerade in Abendstunden ist das Müllaufkommen Berichten zu Folge genau dasselbe. Dafür sind die unserer Meinung nach eh schon hohen Imbisspreise nochmal deutlich gestiegen, weil viele Betriebe aufgrund des komplizierten Abrechnungsverfahrens die Verpackungssteuer einfach pauschal draufrechnen. Gerade hinsichtlich der konkreten Umsetzung und des bürokratischen Aufwands gibt es einige ungeklärte Fragen, die wir der Stadtverwaltung zur Beantwortung vorgelegt haben: Offen ist zum Beispiel bislang, ob Papiertüten beim Bäcker oder um das Wurstbrötchen herum nicht ausgenommen werden könnten. Für manche Produkte, wie den Yufka, gibt es bislang auch noch keine überzeugende Mehrwegalternative. Ein kaltes Leberkäsweck wird nicht besteuert, ein warmes hingegen schon. Die Papiertüte um die Brezel wird nicht besteuert, die Tüte um eine Butterbrezel hingegen schon. Wenn die Gabel beim Salat unter 15 mm ist, wird die Verpackung nicht besteuert, darüber jedoch schon. Fakt ist: Der Bürokratische Aufwand wächst und der Müll bleibt derselbe. Bei einer rechtssicheren Umsetzung der Steuer, haben wir als Kommune wenig Gestaltungsspielräume die Steuer fair und nachvollziehbar einzuführen.  

Bevor wir als Stadt Freiburg von allen Unternehmen verlangen, auf Mehrwegalternativen umzusteigen, sollten wir unserer Meinung nach zunächst selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Es wäre daher sinnvoll, bei städtischen Veranstaltungen, Märkten und Messen in den kommenden zwei Jahren auf Mehrweg umzusteigen. Erst wenn die Stadt Freiburg selbst gezeigt hat, dass funktionierende Lösungen bestehen, sollte mithilfe einer Steuer der Druck auf Verbraucher:innen erhöht werden. 

Denn es darf nicht sein, dass eine Steuer lediglich zu steigenden Preisen führt, ohne dass tatsächlich eine Umstellung auf Mehrweg erfolgt.  Die würde nicht nur die Bürger:innen finanziell belasten und am Müllproblem nichts ändern, sondern auch zu weiterer Politikverdrossenheit beitragen, da sind wir uns sicher.  

Abschließend möchten wir unterstreichen, dass wir einer Verpackungssteuer prinzipiell offen gegenüberstehen. Aber nur dann, wenn es praktikable Alternativen gibt, die nicht zu einer bloßen Preissteigerung und damit verbundenen sozialen Härten führen. Wir brauchen eine durchdachte Strategie anstatt übereilter Maßnahmen. Am Ende steht die Akzeptanz von klima- und umweltpolitischen Maßnahmen in der breiten Bevölkerung auf dem Spiel. Überhastete und kleinteilige Regelungen mit hohem bürokratischem Aufwand schaden diesem Anliegen am Ende mehr, als dass sie nützen.  

Zusammengefasst sind für uns die folgenden drei Punkte ausschlaggebend: 

Fehlende Praktikabilität und soziale Belastung: Eine Verpackungssteuer würde derzeit vor allem die Bürger:innen finanziell belasten, ohne praktikable Alternativen bereitzustellen – das führt zu sozialen Härten, ohne das Müllproblem effektiv zu lösen. 

Unklare Wirkung und hoher bürokratischer Aufwand: Erfahrungen aus Tübingen zeigen keinen messbaren Rückgang des Mülls, dafür aber steigende Preise und viel Bürokratie – die Umsetzung wirft viele offene Fragen auf und lässt kaum kommunalen Gestaltungsspielraum. 

Vorrang für freiwillige Mehrwegalternativen: Die Stadt sollte mit gutem Beispiel vorangehen und bei eigenen Veranstaltungen auf Mehrweg umstellen, bevor eine verpflichtende Steuer eingeführt wird – nur funktionierende Lösungen schaffen langfristige Akzeptanz. 

Pro-ArgumenteContra-Argumente
Müllvermeidung:  
Eine Verpackungssteuer kann eine wirksame Maßnahme gegen die Vermüllung des Stadtgebiets sein. 
 
Gerade beim Müll müsste das Verursacherprinzip besonders gelten. Einwegverpackungen machen 43 % des Volumens in der Innenstadt aus: Das wirft die Frage auf, warum die Allgemeinheit für diesen Müll aufkommen soll und nicht diejenigen, die ihn verursachen. 
Ein Erfolg durch Rückgang des Müllvolumens ist in Städten mit Verpackungssteuer aktuell nicht nachweisbar. Die Datenlage hierzu ist zumindest uneindeutig. 
 
Ein subjektiv empfundener Rückgang der Vermüllung reicht als Beleg für die Wirksamkeit nicht aus.  















Mit einer “Obergrenze” könnte zumindest eine extreme Preissteigerung bestimmter Verkaufsprodukte nach ober begrenzt werden (z.B. BicMac Menü mit je einzeln verpackten Produkten). 
Soziales Problem: 
Die Steuerlast wird auf die Konsument:innen als eigentliche Steuerträger abgewälzt: 
Mit der Folge einer Verteuerung für bereits eh schon deutlich gestiegene Lebensmittelpreise.  
 
Die Verteuerung durch die Steuer wird besonders für größere Familien und für junge Menschen, die häufig zum Imbiss gehen, zur sozialen Frage. 

Niedrigere Dönerpreise sind ein weitverbreitetes Anliegen Jugendlicher und ein wesentlicher Berührungspunkt jüngerer Menschen mit der Politik („Mach Döner 5 Euro!“). 

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts kann eine Obergrenze nicht rechtssicher festgesetzt werden. 
Lenkungswirkung: 
Die Steuer bringt einen notwendigen Anreiz zur Etablierung von Mehrwegsystemen und für Innovationen. 
Für eine Umstellung müssen regionale Angebote vorhanden sein: Eine vorgeschaltete Mehrweg-Offensive der städtischen Märkte und Veranstaltungen könnte Anreiz zur Nutzung von einheitlichem Mehrwegsystem erhöhen. 
  
Eine vorgeschaltete Mehrweg-Offensive würde Akzeptanz bei den Gewerbetreibenden erhöhen und die Nutzung von nur einem (!) System wahrscheinlicher machen.  
  
Aktuell sind keine etablierten Mehrweg-Lösungen für bestimmte Produkte vorhanden (bspw. Döner und Yufka).
Haushalt:   
Die Einnahmen aus der Verpackungssteuer können für wichtige kommunale Maßnahmen genutzt werden und entlasten den städtischen Haushalt. 
Das fiskalische Ziel einer Entlastung des Haushalts steht in einem gewissen Spannungsverhältnis zur beabsichtigten Lenkungswirkung 
  
Die Leistungsfähigkeit der Kommunen hängt außer an den Finanzen auch am Personal (Fachkräftemangel): Die Einführung und dauerhafte Überprüfung der Verpackungssteuer bindet langfristig personelle Ressourcen, beim Eintreiben der Steuer (Kämmerei) und der Überprüfung (Vollzug).   
Freiburg-Image und Klima: 
Eine Verpackungssteuer unterstützt das Freiburg-Image als „Green City“. 
  
Sie steht im Einklang mit den selbst gesetzten Nachhaltigkeitszielen (deutliche Verringerung des Abfallaufkommen durch Vermeidung, Verminderung, Wiederverwertung und Wiederverwendung bis 2030). 
  
Sie steht im Einklang mit den selbst gesetzten Klimazielen (Klimaneutralität bis 20235): Die Klimaschädliche Wirkung von Einwegplastik ist zweifellos vorhanden. 
Die wirtschaftliche Rezession und die Situation von Leerständen und Aufgaben von Gastronomien in der Innenstadt ist bereits jetzt ein großes Problem insbes. In der Innenstadt. 
  
Kleinteilige bürokratische Regelungen, die sich unmittelbar auf den Geldbeutel auswirken, schaden nachweislich der Akzeptanz von Klimapolitik (solange kein alternatives Verhalten möglich ist: siehe Mehrweg-Offensive). 
  
Produkte in fest verschlossenen oder fabrikmäßig abgepackten Behältnissen wie sie bei typischen Supermarkt- und Automatenprodukten verkauft werden, können nicht besteuert werden: Das führt zu einer Ungleichbehandlung und einer Besserstellung von Supermärkten. 
 
Die Mehrweg-Alternativen (Anschaffung von vielen Rebowls/Recups, eine zentrale Spülung etc.) haben auch ein hohes Klimaaufkommen.  
Belastung von Kleinbetrieben:  
Zusätzlicher bürokratischer Aufwand als möglicher „Todesstoß“ für kleinere Bäcker, Metzger, Gastronomen und oftmals fehlende Lagerungsmöglichkeiten sowie Spülmöglichkeiten aufgrund fehlender Fläche. 
Belastung des Verkaufspersonals: 
Schwierigkeit der Abgrenzungen (Take-Away, warm/kalt) bleibt am Personal hängen ebenso der Frust und das Unverständnis der Kund:innen. 
 
Ein kaltes Leberkäsweck wird nicht besteuert, ein warmes schon. Eine Brezel wird nicht besteuert, eine Butterbrezel schon –> Viele Unklarheiten der Steuersatzung und schwierige Abgrenzungsfälle werden zu Unverständnis beim Personal und in der Bevölkerung führen. 
Wir haben es uns nicht leicht gemacht. In dieser Tabelle könnt Ihr die Pro- und Contra-Argumente zur Einführung einer Verpackungssteuer zum jetzigen Zeitpunkt nachlesen und euch selbst eine Meinung bilden.

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